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ACTA: Es geht um viel mehr als um Downloads

Der Begriff «Anti-Piraterie-Abkommen» greift für ACTA zu kurz. Und auch die Diskussionen und Demos werden der Komplexität des Themas nur selten gerecht. Es geht um viel mehr als um einen Kampf für Urheberrechte und Internetfreiheit. 

 

Eine letztlich wohl nur vermeintliche Freiheit ist bedroht. Deshalb wird auf den Strassen von Lyon, Berlin oder auch Bern gegen das sogenannte «Anti-Piraterie-Abkommen» ACTA protestiert. ACTA heisst «Anti-Counterfeiting Trade Agreement», also «Anti-Fälschungs-Handelsabkommen». Juristisch gesehen bedeutet Fälschung aber nicht nur die Nachahmung eines Originals, sondern ganz grundsätzlich die Verletzung von Urheber- oder Markenrechten.


Saatgut, Generika, Kultur

Tatsächlich wären die Sorgen berechtigt Wenn es an den Demos doch nur um das Saatgut indischer Bäuerinnen und Bauern ginge, das von internationalen Grosskonzernen patentiert und so quasi «gestohlen» wird! Oder wenn es um die Verteidigung einer Entwicklungshilfe ginge, die arme Länder statt mit teuren Marken-Medikamenten mit Generika beliefert, die auf der Basis von ACTA beschlagnahmt werden könnten! In die Schlagzeilen schafft es aber meist nur die Auseinandersetzung um das Urheberrecht oder – vereinfachender – das vermeintliche Recht, sich im weltweiten Netz ungehindert ausdrücken und bedienen zu können. In einer Zeit, in der der kostenlose Download zum politischen Programm erhoben werden kann, mit dem sogar Wahlen gewonnen werden (Piratenpartei in Berlin), ist das nicht einmal mehr erstaunlich.

 

Doch ganz so einfach ist es nicht, zumal das Urheberrecht, wie wir es in der Schweiz kennen, von ACTA nicht oder nur geringfügig betroffen wäre. Der Download zu privaten Zwecken ist bei uns nämlich straffrei. Trotzdem kommt es im Internet häufig zu Urheberrechtsverletzungen. Nicht zuletzt werden die Texte von Journalisten und Autorinnen ungefragt – und unbezahlt – im weltweiten Netz kopiert, um unter Umständen sogar in bezahlten Zeitungen wieder aufzutauchen. So geschehen bei den «Schaffhauser Nachrichten», die den Artikel einer St. Galler Professorin aus einem Wissenschaftsblog kopierten und abdruckten. Ohne die Blog-Betreiber, geschweige denn die Autorin um ihr Einverständnis angefragt zu haben.

 

Ärgerlich in dieser Debatte ist auch das Verhalten des Bundesrats: Er plant, das Abkommen im Frühling 2013 zu unterzeichnen. Das Parlament wird zwar im Vorfeld zur Vernehmlassung eingeladen, doch am Entscheid ändert das wohl ebenso wenig wie eine Anfrage der Waadtländer Ständerätin Géraldine Savary, die wissen wollte, wie der Bund die Urheberrechte zu stärken gedenke. Weil die internationalen Plattenfirmen in jüngster Vergangenheit nicht wesentlich weniger Gewinn gemacht hätten, sähe man keine Veranlassung zu handeln, liess der Bundesrat – in offenbarer Unkenntnis der Sachlage – verlauten.

 

Internetschnüffelei

Das Problem bei ACTA ist weniger die tatsächliche Verletzung des Urheberrechts als die Massnahmen, mit denen solche Verletzungen aufgespürt werden sollen. ACTA öffnet der Internetschnüffelei Tür und Tor. Über die Provider oder auch über soziale Netzwerke wie Facebook oder Google+ können die Internauten schon jetzt ausspioniert werden. Mit ACTA wird dies quasi zur Pflicht. Und die Privatsphäre Geschichte.


Nina Scheu

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