24 Entlassungen und kein Einspruch von Gott
Die auf die Herstellung von Selbstklebeetiketten und Etikettiersystemen spezialisierte Pago AG greift schon wieder zum Rotstift.
Per Ende August 2011 wurden 24 Arbeitsplätze in Grabs SG gestrichen. Die neuformierte Arbeitnehmendenvertretung (ANV) will künftig gegenüber der Geschäftsleitung (GL) mehr Mitsprache durchsetzen. Auch ein Gesamtarbeitsvertrag soll in enger Zusammenarbeit mit syndicom angestrebt werden.
«Gott ist die oberste Instanz und wir sind letztlich IHM gegenüber für unser Handeln verantwortlich.» So steht es, in Anlehnung an die Schweizer Bundesverfassung («Im Namen Gottes des Allmächtigen»), in den öffentlich einsehbaren Grundwerten der Etikettenfirma Pago.
Geringschätzung gegenüber der geleisteten Arbeit
Als gegen Ende August die Geschäftsleitung von Grabs nach 2008 (29 Entlassungen) schon wieder 24 Kündigungen aussprach – weitere 36 Entlassungen verteilen sich auf andere Standorte –, spürten die 400 Beschäftigten in Grabs SG von Seiten der GL alles andere als christliche Werte im Umgang mit der schwierigen Situation. Die Kündigungsschreiben wurden den Betroffenen ohne Einfühlungsvermögen, dafür mit Geringschätzung gegenüber der geleisteten Arbeit in die Hand gedrückt!
Die im zurückliegenden Winter neuformierte ANV wurde knapp 14 Tage vor der Umsetzung des Stellenabbaus von der GL über die geplanten Massnahmen informiert. Eine Untersuchung einer externen Prüfungsfirma hätte ergeben, dass bei den schwierigen finanziellen Verhältnissen der Pago-Gruppe für eine Gesundung des Unternehmens Kündigungen notwendig seien. Zuerst war vom Abbau von 27 Vollzeitstellen in Grabs die Rede, ohne aber die Abteilungen der Betroffenen zu nennen. Dadurch verhinderte die GL, dass die ANV allenfalls aktiv Alternativen hätte formulieren können. Die ANV wurde ohne Wenn und Aber vor vollendete Tatsachen gestellt.
Die ANV wollte dieser Situation gegenüber aber nicht tatenlos bleiben. In enger Zusammenarbeit mit syndicom wurde zu einer Betriebsversammlung am 6. September eingeladen. Der Frust und der Ärger bei den Beschäftigten in Grabs war viel grösser als zuerst angenommen. Gegen 150 Kollegen und Kolleginnen (mehr als ein Drittel der Beschäftigten!) brachten den Versammlungsraum beinahe zum Platzen. Die Emotionen gingen nochmals so richtig hoch. Teilweise mit Tränen in den Augen wurde die willkürliche Vorgehensweise bei der Auswahl der Gekündigten scharf kritisiert, wie auch die alles andere als offene und ehrliche Kommunikation seitens der Geschäftsleitung.
Kämpferische Belegschaft mit ehrgeizigen Zielen
Es wurde aber nicht nur angeklagt. Im Verlaufe der Versammlung entwickelte sich richtiggehend eine Art Kampfgeist unter den anwesenden Kollegen und Kolleginnen. «2008 waren wir nie mehr als 30 an den Versammlungen, heute sind wir 150, und morgen werden es 300 sein!» Diese Feststellung von Seiten der ANV wurde mit tosendem Applaus quittiert. Auch die von syndicom-Sekretär Dominik Dietrich ausgesprochene Aufforderung an die Anwesenden, die aktuell noch eher kleine Gruppe von syndicom-Mitgliedern kräftig zu verstärken, wurde anerkennend beklatscht.
Die weiterhin spürbare Solidarität unter den Kollegen und Kolleginnen wie auch die Vergrösserung der gewerkschaftlichen Organisierung im Betrieb braucht es in Grabs für die Durchsetzung der ehrgeizig formulierten Ziele: Die ANV will mehr Mitsprache bei betrieblichen Problemen und echte Lohnverhandlungen. Für die generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen wird in enger Zusammenarbeit mit syndicom ein Gesamtarbeitsvertrag angestrebt.
Hans-Peter Graf, Zentralsekretär der Branche Grafische Industrie und Verpackungsdruck
Etiketten, das Reich der Pago-Gruppe
HPG. Die Pago AG preist sich als «führender Schweizer Systemspezialist für Etiketten und Etikettiertechnik», sie biete dabei «komplette und kundenspezifische Etikettierlösungen». Der Hauptsitz der Pago-Gruppe mit dem Management der sogenannten «Business Units» ist Grabs im St. Galler Rheintal. Dort ist auch, neben dem südlich von Stuttgart gelegenen Aichtal, der zweite grosse Produktionsstandort. Europaweit beschäftigt die Pago-Gruppe etwa 1'100 Mitarbeitende. In Grabs sind es 400 Personen, dort gibt es auch eine grössere Druck- und Druckvorstufenabteilung.