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Tamedia-Edipresse: Der Gewinn steigt – und die Löhne?

Für das erste Halbjahr 2011 weist Tamedia-Edipresse das beste Halbjahresergebnis der letzten zehn Jahre aus, wie der Konzern in seiner Mitteilung von Ende August feststellt. Der Vergleich zum ersten Halbjahr 2010 (das auch schon kein schlechtes war…) ist in der Tat frappant: Umsatz +55% auf 559 Mio. Fr.; Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) +83% auf 116 Mio. Fr.; Betriebsergebnis (EBIT) +90% auf 89 Mio. Fr.; Ergebnis (Gewinn) +67% auf 88 Mio. Fr.


2011 wird erstmals Edipresse in der Rechung von Tamedia voll mit einbezogen, was den Vergleich mit dem Vorjahr erschwert. Kommt dazu, dass Tamedia und Edipresse laufend Firmen kauften und verkauften. Addiert man jedoch die Zahlen der 2010 von Edipresse als "acivitées abandonnées" ausgewiesenen Geschäftsbereiche (das waren vor allem die an Tamedia verkauften Aktivitäten in der Schweiz) mit denjenigen von Tamedia und vergleicht anschliessend die Summe mit den Tamedia-Zahlen 2011, so wird die effektive Gewinnhausse sichtbar: Bei einem um ca. 4% gestiegenen Gesamtumsatz wuchsen das EBITDA um rund 15% (ca. 16 Mio. Fr.) und das EBIT um rund 37% (ca. 24 Mio. Fr.).


Auch wenn die Berechungsgrundlagen 2010 und 2011 nicht exakt die gleiche Basis haben, kann man aufgrund der massiv stärker als der Umsatz wachsenden Gewinne mit feststellen, dass der Kauf von Edipresse für Tamedia schon vor der vollständigen Verschmelzung bereits heute enorm lukrativ ist. Denn hinzu kommt noch, dass die von Tamedia an die Besitzer von Edipresse überwiesenen Summen für die Übernahme von Edipresse weitgehend aus konzerneigenen Mitteln finanziert werden: Die Bankkredite von 120 Mio. Fr. für die per 1.Januar 2010 fälligen ersten 206 Mio. waren Ende 2010 bereits zurückbezahlt, die zweite Tranche von wiederum 200 Mo. Fr. per 1. März 2012 soll nach Tamedia-Angaben "weitgehend aus eigenen Mitteln" finanziert werden, für die letzten 70 bis 130 Mio. bis zum ersten Quartal 2013 wird die Finanzierung momentan noch offen gelassen. Wir zweifeln nicht daran, dass auch dieser Rest vom Personal erarbeitet werden muss, wie alles bisher aus "eigenen Mitteln" Bezahlte…


Im Moment, wo die wirtschaftliche Unsicherheit wächst, die Druck- und Medienbranche insgesamt weiterjammert wie in tiefsten Krisenzeiten (wir gehen aber davon aus, dass auch andere Medienkonzerne 2011 nicht am Hungertuch nagen werden…) und die Printmedien immer mal wieder totgesagt werden, hebt die Tamedia ab zum Höhenflug! Und dieser fusst im Wesentlichen auf den Printmedien, deren Perspektiven angesichts 2011 wieder leicht steigender Werbeeinnahmen nicht düster aussehen – auch wenn kein Inserateboom wie zur Jahrtausendwende zu erwarten ist.  


Die "digitalen Geschäftsbereiche" wachsen zwar am schnellsten und steuern 11% zum Tamedia-Umsatz bei, jedoch nur fünf (EBITDA) bzw. ein Prozent (EBIT) zum Ergebnis. Die hektischen Bemühungen, die digitalen Medien und Plattformen zu rentabilisieren, dürften also weitergehen.

Und das Personal?

 

Die Voraussetzungen für die Lohnrunde 2011 bei Tamedia sind gut, denn es gibt viel zu verteilen! Und es gibt viel Nachholbedarf, nachdem in den letzten Jahren vor allem die Manager (allein der 2013 Tamedia verlassende CEO Martin Kall kassierte 2010 total über zwei Mio. Fr.) und die Besitzer (siehe Kaufpreis Edipresse von bereits über 400 Mio. Fr.) absahnten. Hinter der gesteigerten Rentabilität und dem Glanz dieser grossen Zahlen des Megakonzerns stehen viel Arbeit der im Konzern verbliebenen Angestellten mit Tag-und-Nacht-Stress, viele gestrichene Stellen von Genf bis Oetwil sowie bescheiden ausgefallene Lohnrunden in den letzten Jahren.


Nebst einer den Geschäftszahlen angemessenen Lohnerhöhung von 200 bis 300 Fr. darf die per 1. Januar 2012 geplante Harmonisierung der Arbeitsbedingungen im ganzen Konzern nicht zum Leistungsabbau missbraucht werden. Der finanzielle Spielraum ist da, um gute Regelungen von Tamedia und Edipresse zu generalisieren und die jeweils schlechtere zu verbessern. syndicom wird sich zusammen mit den Angestellten nach Prüfung der neuen Tamedia-Reglemente für diesen Grundsatz einsetzen (erste Probleme gibt es bei den Zuschlägen und Arbeitszeiten für die Nachtarbeit).


Tamedia fordern wir auf, die ins Ausland vergebenen verlagseigenen Druckaufträge wieder in die eigenen Druckereien zurückzuholen. Die Auslagerung von Produktionsschritten (diese ist für 2012 zum Beispiel geplant für die Kleininserateproduktion) ist sofort zu stoppen, denn für Personalabbau und Gewinnoptimierung fehlt jegliche Notwendigkeit.

 

Roland Kreuzer, Leiter Sektor Medien.

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